24 Essay 1/2.2018 ∂ Der Holzbau kehrt in die Stadt zurück Timber Construction Returns to the City Text: Jakob Schoof Penda 62 Meter hoch soll ­dieser 18-geschos­sige Wohnturm werden, den das österreichisch-chinesische Architekturbüro Penda in T ­ oronto konzipiert hat. Inspiriert von ­Moshe Safdies Wohnkomplex Habitat 67 planten die Architekten eine modulare Struktur aus Raumzellen, die ihrerseits aus Brettsperrholztafeln vorgefertigt werden. Eine Bau­ge­nehmigung für das Hochhaus steht noch aus. With a planned height of 62 metres, this 18­- storey housing ­tower was conceived for Toronto by Penda, an Austrian-Chinese ­a rchitecture practice. Inspired by Moshe Safdie’s Habitat 67 housing complex, the architects designed a modular structure of spatial cells that are prefabricated from cross laminated timber. This high-rise has yet to obtain a building permit. Holzbau in der Stadt Timber Construction in the City 25 Rund um den Globus erlebt der mehrgeschossige ­Holzbau derzeit eine Renaissance. Ein großer Teil des ­Aufschwungs vollzieht sich buchstäblich im Verbor­ genen. Trotz aller regionalen Unterschiede sind die Triebkräfte und Hemmnisse der Entwicklung vieler­ orts ähnlich, wie der folgende Ausblick nach Kanada, ­England und Skandinavien zeigt. Currently multi-storey timber construction is experiencing something of a renaissance all around the globe. ­ A sizable part of this upswing is, quite literally, hidden from view. Despite regional differences, the motors that drive development and the obstacles that hinder it are similar in many places, as the following look at the situation in Canada, England and Scandinavia reveals. Kanada: Die Wälder in die Stadt holen Kanada besitzt nach Russland und Brasilien die dritt­ größten Waldflächen der Erde, noch knapp vor den USA. Dennoch wurden hier in den vergangenen Jahren nur rund halb so viel Nutzholz und Holzwerk­ stoffe erzeugt wie im südlichen Nachbarland. Ein Grund ist, dass in Kanada größere Waldflächen unter Schutz stehen als in den USA. Dennoch besteht Nachholbedarf bei der Waldnutzung. Viele Provinz­ regierungen haben daher in den letzten Jahren Gesetze erlassen und Initiativen gestartet, um die Holznutzung auch im Bauwesen zu stärken. Eine Vorreiterrolle spielt dabei vor allem Kanadas west­ lichste Provinz British Columbia. Beim mehrgeschossigen Holzbau können Kanada und die nördlichen US-Bundesstaaten auf eine lange Tradition zurückgreifen. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden in den Großstädten bis zu neungeschossige Industrieund Lagergebäude in der sogenannten Brick-andBeam-­Konstruktion. Ihre Außenwände bestehen aus massivem Ziegelmauerwerk, die innere Trag­ konstruktion jedoch aus einem Holzskelett aus schweren Balken. Diese Bauweise gewährleistete größte Flexibilität bei der Raumaufteilung und zugleich Brandschutz nach außen sowie ein reprä­ sentatives Erscheinungsbild. Eine Studie zählte vor einigen Jahren fast 20 noch bestehender Brickand-Beam-Gebäude mit mehr als fünf Geschossen in Vancouver und fast 40 in Toronto. Zu den ein­ drucksvollsten Vertretern der Bauweise gehören The ­Landing (1905) und das Leckie Building (1908) in Vancouver sowie Butler Square (1908) in Minneapolis. Die meisten der Gebäude wurden inzwischen zu hochpreisigen Bürogebäuden umgenutzt. Erst 1941 wurde in Kanada das erste nationale Baugesetz verabschiedet, das auf den entsprechen­ den US-amerikanischen Regelungen basierte. Darin wurde der Holzbau pauschal auf sieben, später auf X Edition ∂ Atlas Mehrgeschos­ siger Holzbau Manual of Multistorey Timber Construction Das neue Standardwerk vermittelt alles notwendige Fachwissen für die Planung und den Bau zeitge­ mäßer, mehrgeschossiger Holzbauten. This new standard work contains all the specialised knowledge needed for the design and construction of contemporary multistorey timber buildings. The English edition will be published in May 2018. detail.de/shop2018 Canada: bringing the forests into the city Canada has the world’s third-largest amount of ­forests after Russia and Brazil and just ahead of the USA. Yet in recent years it has produced only half as much timber and timber-based material as its southern neighbour. One reason is that Canada protects far larger areas of woodland than the USA. There is however, a clear need to catch up as regards making use of wood. In recent years many provincial governments have passed laws and launched initiatives to increase the use of timber also in the field of building. Here Canada’s westernmost province British Columbia plays a pioneering role. Canada and the northern states of the USA can look back on a long tradition of multi-storey timber building. At the end of the 19th century industrial and storage buildings up to nine storeys high were erected in the big North American cities using what is known as brick and beam construction. The external walls consist of solid brickwork, the internal loadbearing structure is a timber frame with heavy beams. This construction method allows maximum flexibility in dividing up the space and offers external fire protection and a representative appearance. A study made several years ago identified almost 20 brick and beam buildings more than five storeys high still in existence in Vancouver and nearly 40 in Toronto. The most impressive examples of this method include The Landing (1905) and the Leckie Building (1908) in Vancouver as well as Butler Square (1908) in Minneapolis. Most of these buildings have been converted into high-price office blocks. It was only in 1941 that a national law was passed in Canada based on similar legislation in the USA. Timber building was restricted to seven storeys and later, in response to calls by the fire brigade, to just four storeys – the maximum height easily reachable by the fire engines of the time. But in any case concrete or steel frame buildings offered an economic advantage. Towards the end of the 20th century the emergence of new materials such as timber I-joists, cross laminated timber and glulam made multi-storey timber building economically attractive again and introduced a new dynamic. In 2009 the Provincial Government of British Columbia made two pioneering decisions: it permitted timber buildings up to six storeys and also passed the Wood First Act. This decrees that in all new buildings erected by the state timber is to be used as a structural material wherever technically and economically reasonable. In 2013 the province of Québec also introduced the relaxation of fire protection legislation and in 2016 these laws were passed throughout the country. Estimates from Initiative Wood Works show that in British Columbia alone more than 300 five and sixstorey timber residential buildings have been erected since 2009 – mostly using timber frame construction. In recent years the universities and the state have also emerged as timber building clients: in 2012 the Earth Sciences Building of the University of British Columbia (UBC), a five-storey timber frame office, seminar and lab building, was completed in Vancouver to plans by Perkins + Will. Two years later Michael Betreiben der Feuerwehr auf vier Geschosse redu­ ziert – die größte Höhe, die sich mit damaligen Löschfahrzeugen noch gut erreichen ließ. Ohnedies hatten inzwischen die Beton- und Stahlskelett­bau­ weise auch wirtschaftlich die Nase vorn. Erst als gegen Ende des 20. Jahrhunderts neue Werkstoffe wie Holzstegträger, Brettschichtholz und Brettsperr­ holz den mehrgeschossigen Holzbau erneut wirt­ schaftlich attraktiv machten, kam wieder eine neue Dynamik in die Entwicklung. 2009 fällte die Provinz­ regierung von British Columbia schließlich zwei ­wegweisende Entscheidungen: Sie erlaubte wieder Holzbauten bis zu sechs Geschossen und verab­ schiedete außerdem den Wood First Act. Dieses Gesetz besagt, dass bei allen Neubauten der öffent­ lichen Hand Holz als tragender Baustoff verwendet werden soll, sofern dies technisch und wirtschaftlich vertretbar ist. 2013 wurde die Lockerung der Brandschutz­ vorschriften auch in der Provinz Québec und 2016 schließlich im ganzen Land nachvollzogen. Nach Schätzungen der Initiative Wood Works sind allein in British Columbia seit 2009 über 300 fünf- und sechsgeschossige Wohnhäuser aus Holz entstanden – die meisten in Holzrahmenbauweise. Aber auch die Hochschulen und die öffentliche Hand haben sich in den letzten Jahren als Bauherren hervorgetan: 2012 wurde nach Plänen von Perkins + Will das Earth Sciences Building der University of British Columbia (UBC) in Vancouver fertiggestellt, ein fünfgeschossiges Verwaltungs-, Seminar- und Laborgebäude in Holzskelettbauweise. Zwei Jahre später errichteten Michael Green Architects in Prince George das siebengeschossige Wood Innovation and Design Centre ganz ohne Betonbauteile, mit aussteifendem Brettsperrholzkern und außen umlau­ fender Holzskelettkonstruktion. Mithilfe computer­ gestützter Brandsimulationen und einer entsprechen­ den Überdimensionierung der Bauteile gelang es sogar, die Holzoberflächen im Gebäudeinneren weit­ gehend sichtbar zu belassen. Ebenfalls ein Holzskelettbau ist das Studenten­ wohnheim Brock Commons von Acton Ostry Architects auf dem Campus der University of British Columbia, mit 18 Geschossen das bislang höchste Holzhaus der Welt. Weil es sich weit außerhalb des gesetzlich geregelten Rahmens bewegt, war für den Bau eine Sondergenehmigung erforderlich, die Brandschutzgutachten und -tests voraussetzte. In diesem Fall erhielt die Konstruktion innen eine mehr­ lagige Verkleidung mit Gipskarton und im ganzen Haus wurde eine Sprinkleranlage installiert. Die jüngsten Höhenrekorde haben auch die Fantasie anderer Architekten und Investoren be­­ feuert. Für einen Bauplatz in der Innenstadt von ­Vancouver plant Shigeru Ban derzeit das Terrace House, einen 19-geschossigen Wohnungsbau mit Hybridkonstruktion aus Stahl, Holz und Beton. Er soll ­voraussichtlich 71 Meter hoch werden. Für Toronto hat das chinesisch-österreichische Architekturbüro Penda gemeinsam mit der Holzbau-Beratungsfirma Tmber den 18-geschossigen Toronto Tree Tower konzipiert. Äußerlich erinnert das Hochhaus mit 1/2.2018 Waldfläche nach ­L ändern in Mio. Hektar Forested area in different countries, in millions of hectares Russland Russia 810 Kanada Canada 310 Schweden Sweden 28 Deutschland Germany 11,4 Großbritannien Great Britain 3,1 ∂ Green Architects erected the seven-storey Wood Innovation and Design Centre in Prince George entirely without concrete elements, using a bracing cross laminated timber core and an external timber frame construction. Computer assisted fire simulations and over-dimensioned building elements made it possible to expose the timber surfaces in the interior of the building. Brock Commons student residence by Acton Ostry Architects on the campus of the University of British Columbia is also a timber frame building. Its 18 storeys make it the tallest timber building in the world so far. As it is outside the framework covered by the building regulations it required a special ­permit which involved fire protection expert reports and tests. In this case the structure was clad internally with plasterboard and a sprinkler system was fitted throughout the building. The most recent height records have inspired other architects and investors. Shigeru Ban is currently designing the Terrace House, a 19-storey apartment building with a hybrid construction of steel, timber and concrete for a site in Vancouver’s inner city. The planned height is 71 metres. For Toronto the Chinese-Austrian architecture office Penda together with the timber building consultants Tmber have conceived the 18-storey Toronto Tree Tower. This building’s animated external volume is somewhat reminiscent of Moshe Safdie’s “Habitat 67” in Montreal. In contrast to the earlier building the individual prefabricated spatial cells use cross laminated timber rather than concrete. London: pioneer thanks to imported timber Until the early modern period London was also a city built of timber, more precisely of oak. The half-timber buildings were generally made from native hardwood. Softwood (usually from the Baltic) only appeared in Great Britain in the 17th century, when the building of the fleet consumed increasing amounts of timber. However, the London Building Act of1667 had already severely restricted timber construction. In reaction to the disastrous conflagration a year earlier which destroyed 80 % of the city, it decreed wider streets and a new construction method: the external walls of all buildings were to be made of brick or stone and fire walls had to be continued above the roof. From the 1920s onwards, starting from Sweden, modern timber frame construction began to establish itself in Great Britain, too. Initially confined to singlefamily houses, timber building experienced a small boom in the 1970s until in 1984 a critical TV report about poor quality and the danger of fire in timber houses caused the market to practically collapse. Nevertheless, fire safety restrictions were gradually eased in the following years: from 1988 four-storey timber buildings were permitted and from 1991 ­five-storey. At the end of the 1990s further relaxations were introduced as a result of tests carried out on a six-storey Building Research Establishment (BRE) test building. However, the discussion about fire safety continued, above all when a year later it was revealed that the BRE test had not been as Datenquellen für Grafik / Data sources for graphics: FAO, Eurostat 26 Essay 27 Innen Holz, außen ­Z iegelmauerwerk – diese Materialkom­bi­ nation ist an vielen ­ä lteren Industriebauten in Kanada und dem Norden der USA zu finden. The Landing in Vancouver entstand Anfang des 20. Jahrhunderts als Lagerhaus. 1987 wurde es saniert und zum Bürohaus umgenutzt. Timber inside, brickwork outside – a combination of materials to be found in many older industrial buildings in Canada and the northern USA. The Landing in Vancouver was built as a warehouse at the beginning of the 20th century. Following r­ enovation in 1987 it was converted into an office building. Photo: Martin Tessler / Courtesy: Perkins+Will Canadian2006 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Landing_ Vancouver.jpg), „The Landing Vancouver“, colour, CC BY-SA 3.0 Holzbau in der Stadt Timber Construction in the City Das Earth Science Center der University of British Columbia in Vancouver von ­Perkins + Will zählte zu den ersten fünf­ geschossigen Büro­ gebäuden aus Holz nach der Lockerung der regionalen Brandschutzvorschriften 2009. Für die Tragkonstruktion kombinierten die Architekten Brettsperrholzelemente, Brettschichtholzträger und Holz/Beton-­ Verbundelemente. The Earth Science Center of the University of British Columbia in Vancouver by Perkins + Will was one of the first five-storey office buildings to be built of ­t imber after the relaxation of the regional fire protection regulations in 2009. In the loadbearing structure the architects combined cross laminated timber elements with glulam beams, and wood and concrete composite elements. 28 Essay Sieben Geschosse, davon sechs in Holzbauweise: Bürogebäude T3 von Michael Green Archi­ tecture in Minneapolis/ USA Seven storeys high, of which six were built in timber construction: T3 office building by Michael Green Archi­ tecture in Minneapolis, USA detail.de/ 1-2-2018-green ∂ s­ uccessful as originally reported: hours after the fire appeared to have been extinguished the fire brigade had to return. Apparently, the timber construction in the wall cavities had continued to smoulder and ignited again some time later. Today timber frame construction has a market share of around 15 % in single-family and apartment building in Britain, although there are sizable regional differences: in Scotland 75 % of all new residential buildings are erected of wood, in England only 9 %. The timber construction industry hopes to defuse the fire safety discussion somewhat by the use of solid timber panels. The relatively poor urban district of Hackney in north-east London is playing a pioneering role here. At the instigation of the lobbyist Wood for Good (and with reference to British Columbia’s Wood First Act) in 2012 the district administration wanted to pass a regulation requiring all new buildings to be built of wood – wherever ­economically reasonable. Objections to this proposal were soon raised by the cement and brick industry and some planners and even the UK Green Building Council also voiced opposition. Fearing the threat of legal action the administration backpedalled and since then has attempted to encourage timber ­construction in more informal ways – through information campaigns and discussions with investors who wish to build. The success is undeniable: Banyan Wharf by Hawkins\Brown (2016, 50 dwelling units) and Dalston Lane by Waugh Thistleton Architects (2017, 121 dwelling units), the country’s Bis zu 10 Geschosse hoch ist der Wohnund Bürokomplex ­Dalston Lane (Waugh Thistleton Architects 2017) im Osten von London. Von der Massivholzkonstruktion ist nach der Fertigstellung nichts mehr zu sehen, weil die ört­ liche Baubehörde eine ­Z iegelfassade forderte. Waugh Thistleton Architects London: Vorreiter dank Importholz Bis in die frühe Neuzeit hinein war auch London eine Stadt aus Holz, genauer: aus Eichenholz. Die Fachwerkhäuser wurden in der Regel aus ­ein­heimischem Laubholz errichtet. Nadelholz (zumeist aus dem B ­ altikum) kam in Großbritan­ nien erst auf, als der Flottenbau im 17. Jahrhundert immer größere Holzmengen verschlang. Zu die­ sem Zeitpunkt hatte jedoch der London Building Act von 1667 die Holzbauweise bereits stark ein­ geschränkt. Das Gesetz wurde als Reaktion auf den verheerenden Großbrand im Jahr zuvor erlas­ sen, in dem 80 % der Stadt niederbrannten. Es schrieb unter anderem eine Verbreiterung der ­Straßen sowie eine neue Bauweise vor: Die Außen­ wände aller Häuser mussten fortan aus Ziegeln oder Naturstein bestehen und die Brandwände bis über das Dach geführt werden. Ab den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts begann die moderne Holzrahmenbauweise aus­ gehend von Schweden auch in Großbritannien Fuß zu fassen. Zunächst beschränkte sie sich auf den Einfamilienhausbau und erlebte vor allem in den 70er-Jahren einen kleinen Boom, bis 1984 ein kriti­ scher Fernsehbericht über Qualitätsmängel und Brandgefahren in Holzhäusern den Markt praktisch zum Erliegen brachte. Dennoch wurden in den ­Folgejahren die Brandschutzbestimmungen sukzes­ sive gelockert: Ab 1988 waren viergeschossige, ab 1991 fünfgeschossige Holzbauten erlaubt. Weitere Erleichterungen brachten Ende der 90er-Jahre Brandschutztests an einem sechsgeschossigen ­Versuchsgebäude des Building Research Establish­ ment (BRE). Die Diskussionen um die Brandsicher­ heit gingen dennoch weiter, vor allem als Jahre ­später bekannt wurde, dass der Test des BRE keines­wegs so positiv gelaufen war wie ursprünglich angegeben: Stunden nachdem der Brand bereits gelöscht schien, musste die Feuerwehr aufs Neue anrücken. Offenbar hatte die Holzkonstruktion in den Wandhohlräumen weitergeglommen und sich nach einiger Zeit erneut entzündet. Heute hat die Holzrahmenbauweise im briti­ schen Ein- und Mehrfamilienhausbau einen Markt­ anteil von 15 %, wobei es starke regionale Unter­ schiede gibt: In Schottland werden 75 % aller neuen Wohngebäude aus Holz errichtet, in England dage­ gen nur 9 %. Mit der Verwendung von Plattenwerkstoffen aus Massivholz hofft die Holzbaubranche außerdem, der Brandschutzdiskussion die Spitze nehmen zu können. Eine Vorreiterrolle nimmt dabei ausgerech­ net der eher arme Stadtbezirk Hackney im Nordos­ ten von London ein. Auf Betreiben der Lobbyorgani­ sation Wood for Good (und in Anlehnung an den Wood First Act in British Columbia) wollte die Bezirks­ verwaltung 2012 eine Bestimmung erlassen, dass W Daniel Shearing s­ einer bewegten Kubatur ein wenig an Moshe Saf­ dies Habitat 67 in Montreal. Anders als beim Vorbild sollen die einzelnen Raumzellen hier jedoch nicht aus Beton, sondern aus Brettsperrholz vorgefertigt werden. 1/2.2018 Situated in east London, Dalston Lane housing and office complex (Waugh Thistleton Architects 2017) is up to 10 storeys high. In the completed building nothing can be seen of the solid timber construction, as the ­local building authority called for a brick ­facade. Nur ein Jahr betrug die Planungs- und Bauzeit beim Schulungsgebäude des Bezahl­ senders Sky von Arup Associates westlich von L ­ ondon. Das regel­ mäßige Brett­schicht­ holz­skelett erlaubt eine ­fl exible Aufteilung der Geschossflächen. Die über alle vier ­G eschosse reichende, verglaste Haupttreppe kragt aus dem ­G ebäude Richtung Vorplatz aus. A planning and construction period of just one year was all that was required for Arup Associates’ training building for the pay TV company Sky, to the west of London. The regular glulam frame allows a flexible layout of spaces. Extending through all four storeys, the glazed main staircase projects out of the building towards the forecourt. alle Neubauten – soweit wirtschaftlich vertretbar – aus Holz errichtet werden mussten. Dagegen formierte sich indes rasch der Widerstand der Zement- und Ziegelindustrie, aber auch von Planern und sogar des UK Green Building Council. Um drohenden ­Klagen zuvorzukommen, machte die Verwaltung einen Rückzieher und sucht seither die Holzbau­ weise auf eher informellem Wege – durch Infor­ mations­kampagnen und Gespräche mit bauwilligen Investoren – zu fördern. Die Erfolge sind unverkenn­ bar: Mit Banyan Wharf von Hawkins\Brown (2016, 50 Wohneinheiten) und Dalston Lane von Waugh Thistleton Architects (2017, 121 Wohneinhei­ten) ­entstanden im Bezirk die bisher größten Holz­ bauten im Land. Beide wurden von der Wohnungs­ bau­gesell­schaft Regal Homes finanziert und sind bis zu zehn Geschosse hoch. Während Dalston Lane bis auf das Erdgeschoss, aber einschließlich der Aufzugskerne komplett aus Brettsperrholz ­errichtet wurde, kamen bei Banyan Wharf auch Stahlträger zum Einsatz, um g ­ rößere Decken­ spannweiten zu realisieren und damit flexibler für spätere Grund­riss­änderungen zu sein. Mit seiner Lärchenholz­verschalung deutet der Neubau von Hawkins\Brown immerhin an, dass er aus Holz besteht. Sonst sind bei den zeitgenös­sischen Lon­ doner Holzbauten Vormauerungen aus Ziegel die Regel – aufgrund von Vorschriften der örtlichen Behörden, aber auch im vorauseilenden Gehorsam der Bauträger, die ihre Neubauten in das tradierte Londoner Stadtbild einzufügen suchen. Laut Andrew Waugh von Waugh Thistleton Architects hat die Holzbauweise nicht nur ökologi­ sche, sondern auch ganz alltagspraktische Vorteile. Dank der Vorfertigung erlaubt sie geringere Maßtole­ ranzen, verursacht bis zu 80 % weniger Baustellen­ verkehr als ein traditioneller Ortbetonbau und geht außerdem schneller vonstatten. Bei Dalston Lane betrug die errechnete Zeitersparnis für den Rohbau rund 25 %. Zeit war auch der Hauptgrund für den Bezahlsender Sky, sein neues Büro- und Schulungs­ gebäude im Westen von London nahezu komplett aus Holz errichten zu lassen. Für Entwurf und Pla­ nung benötigte der Generalplaner Arup ganze drei Monate. Die Konstruktion basiert auf einem Brett­ schichtholzskelett im Raster von 6 × 8 Metern, in das Deckenelemente aus Brettsperrholz eingehängt wur­ 29 Simon Kennedy Holzbau in der Stadt Timber Construction in the City largest timber residential buildings to date were both erected in this district. Both financed by the housing company Regal Homes they are up to ten storeys high. While Dalston Lane was built entirely of cross laminated timber – apart from the ground floor but including the lift core, in Banyan Wharf steel beams were used to achieve greater ceiling spans that would facilitate later changes to the floor plans. With its larch cladding the new building by Hawkins\ Brown at least suggests that it is made of wood, whereas in most other contemporary timber buildings in London brick facing walls are the rule. This is due to local authority regulations but also because developers, eager to avoid controversies, attempt to integrate their new buildings in London’s traditional appearance. According to Andrew Waugh from Waugh Thistleton Architects the advantages of timber are not only ecological but also very practical. Thanks to prefabrication it allows lower dimensional tolerances, creates up to 80 % less building site traffic than a traditional in-situ concrete building, and can be erected more quickly. In the case of Dalston Lane the time saved in erecting the building shell was ­calculated as around 25 %. Time considerations also played the major role in the decision by the pay TV company Sky to have its new office and training building in west London erected almost entirely of timber. The general planner Arup required just a three month design and planning period. The construction is based on a glulam frame with a 6 × 8 metre grid, in den. Die Fassaden bestehen aus ­vorgefertigten Holz­ tafelelementen. Durch die Über­dimensionierung der Holzbauteile war es möglich, auf Gipskartonver­ kleidungen und eine Sprinklerung zu verzichten. Eine Besonderheit des Londoner HolzbauBooms ist, dass das benötigte Baumaterial zu ­großen Teilen aus Österreich und Skandinavien importiert wird. Bis heute gibt es in Großbritannien keine Fertigungsstätte für Brettsperrholz. Und auch die Holzvorräte sind begrenzt. Nur 13 % der Land­ fläche sind bewaldet. Zwar hat sich die Holzproduk­ tion seit den 1980er-Jahren fast verdreifacht, doch noch immer führt das Land vier Fünftel seines ­Holzbedarfs aus dem Ausland ein. In den kommen­ den Jahren könnte es noch mehr werden, weil in ­Großbritannien zwar viel Wald abgeholzt, aber nur wenig wieder aufgeforstet wird – und wenn doch, dann mit für den Holzbau schwer nutzbaren Laub­ hölzern. Mehr als 40 % der britischen Wälder werden überhaupt nicht bewirtschaftet, weil den (meist priva­ ten) Eigentümern dafür die Anreize fehlen. Die holz­ verarbeitende Industrie hofft daher auf den Brexit: Danach wäre es der britischen Regierung erlaubt, direkte Subventionen an die Forstwirtschaft zu zahlen. Bisher ist die Verwendung von EU-Agrarsubventionen in diesem Bereich ausgeschlossen. Schweden: aus dem Dornröschenschlaf erwacht Ausgerechnet Schweden, heute das waldreichste Land der EU, erließ im 19. Jahrhundert eines der res­ triktivsten Brandschutzgesetze weltweit. Nach meh­ reren verheerenden Stadtbränden wurde 1875 der Bau von Holzhäusern mit mehr als zwei Geschossen komplett verboten. Das änderte sich erst mit dem EU-Beitritt der Schweden 1994 wieder. Seither ­schreiben die Brandschutzbestimmungen nicht mehr die Nichtbrennbarkeit der Baumaterialien in höheren Gebäuden vor, sondern machen Vorgaben zur einzu­ haltenden Feuerwiderstandsdauer. Doch die Reak­ tion der (von wenigen Großkonzernen dominierten) schwedischen Baubranche auf die Neuerung war schleppend. Nach dem langen Verbot mangelte es an Planungskompetenz für mehrgeschossige Holz­ baukonstruktionen und Verarbeitungskapazitäten für die dafür notwendigen Werkstoffe. Erst nach und nach (und oft in Zusammenarbeit mit Hochschulen) begannen die Baufirmen, entsprechende Bausys­ teme zu entwickeln. Heute hat der Holzbau bei schwedischen Einfamilienhäusern einen Marktanteil von 80 – 85 %, bei den Mehrfamilienhäusern sind es (noch) unter 10 %. Auf fruchtbaren Boden fiel die Holzbauweise vor allem im südschwedischen Växjö. Die 80 000-­ Einwohner-Stadt hatte schon 1996 beschlossen, bis 2050 komplett CO2-neutral werden zu wollen. Ein Jahr zuvor war in Växjö das landesweit erste fünf­ geschossige Wohnhaus aus Holz entstanden, das jedoch in der Folge kaum Nachahmer fand. Erst um 2005 setzte eine neue Dynamik ein, vor allem im Zusammenhang mit dem Stadtteil Välle Broar im Süden von Växjö. 2009 entstanden dort im Neubau­ quartier Limnologen vier achtgeschossige Wohn­ hochhäuser aus Brettsperrholz, 2010 zwei weitere 1/2.2018 Marktanteil des Holzbaus bei Einfamilienhäusern (2015) Market share of timber construction in the area of single-family houses (2015) Schweden Sweden 85% Schottland Scotland 75% Dänemark Denmark 10% England 9% ∂ which the cross laminated timber ceiling elements are hung. The facades use prefabricated timber panel elements. By over-dimensioning the timber structure the need for plasterboard cladding and a sprinkler system could be obviated. A special aspect of London’s timber building boom is that most of the material needed is imported from Austria and Scandinavia. As yet Great Britain has no production facilities for cross laminated timber. Timber supplies are also limited, as only 13 % of the land area is forested. Although timber production has almost tripled since the 1980s the country still imports four-fifths of the timber it needs. And this figure could well increase in the years to come, as a lot of woodland is being cleared in Great Britain with little reforestation which, where carried out, ­generally employs hardwoods, which are difficult to use in timber building. More than 40 % of British forests are not managed, as there are no incentives for the (mostly private) owners. The timber processing industry is therefore placing its hopes on Brexit: ­leaving the EU would allow the British government to pay direct subsidies to the forestry sector. At present the EU forbids the use of agricultural subsidies in this area. Sweden: sleeping beauty awakens Today the EU’s most heavily forested country, in the 19th century Sweden passed the world’s most restrictive fire protection legislation. After a number of disastrous city fires, in 1875 the construction of timber houses more than two-storeys high was completely forbidden. This only changed when Sweden joined the EU in 1994. Since then, instead of stipulating non-flammable materials in taller buildings, the fire protection regulations impose fire resistance requirements. However the Swedish building industry (which is dominated by a few large companies) has responded only sluggishly to this change. After the long prohibition there was a lack of design competence in the area of multi-storey timber building and of processing capacity for the material needed. The building firms began only gradually to develop the requisite construction systems (often in collaboration with the universities). In Sweden today timber building has a market share of 80 – 85 % in the area of single­-family housing, in multi-storey housing the ­figure is (still) less than 10 %. Timber building methods have enjoyed success above all in Växjö in southern Sweden. In 1996 this city (population 80,000) decided that it wished to be completely CO2-neutral by 2050. The country’s first five-storey residential building had been erected in Växjö one year earlier, but was not followed by many others. A new dynamic emerged in 2005, above all in connection with the Välle Broar district in the south of Växjö. In 2009 four eight-storey apartment buildings built of cross laminated timber were erected in the city’s new build district of Limnologen followed in 2010 by two further eight-storey passive house buildings in nearby Portvakten. The Vallen housing complex, completed in 2015, is nine storeys high and has a timber frame structure in which hollow box floor Datenquellen für Grafik / Data sources for graphics: Statistics Finland, Progonsesenteret, TMF Sweden, NHBC Foundation 30 Essay Holzbau in der Stadt Timber Construction in the City Tord-Rikard Söderström Achtgeschosser in Passivhausbauweise im nahe gelegenen Quartier Portvakten. Sogar neun Ge­­ schos­se hoch ist der Wohnkomplex Vallen, der 2015 fertiggestellt wurde und aus einer Holzskelett­ konstruktion mit eingehängten Hohlkastendecken besteht. 2013 untermauerte Växjö den eingeschlage­ nen Kurs mit einem Stadtratsbeschluss. Ihm zufolge sollen bis 2020 25 % und bis 2025 die Hälfte aller Neubauten der öffentlichen Hand und der kommuna­ len Wohnungsbauunternehmen in Holzbauweise errichtet werden. Mitunter betätigen sich aber auch einzelne Woh­ nungsbauunternehmen als Antreiber für den urbanen Holzbau. In Sundbyberg am Stadtrand von Stockholm etwa realisierte die Firma Folkhem gemein­sam mit dem Architekturbüro Wingårdhs 2013 und 2014 zwei achtgeschossige Wohnhäuser in Massivholzbauweise mit charakteristischer Holzschindelverkleidung. Die hohen, schmalen Wohnscheiben besitzen Wände und Dächer aus Brettsperrholz sowie Plattenbalkendecken aus Brettsperr- und Brettschichtholz. Zuvor hatte Folkhem lediglich Einfamilienhäuser in Holzbauweise errichtet. Nun hat das Unternehmen den Beschluss gefasst, auch im Mehrfamilienhaus­ bau nur noch Holzhäuser zu bauen. Bis 2030 will es in und um Stockholm 18 Wohnungsbau­projekte mit insgesamt 6000 Wohnungen errichten, von denen 31 In Sundbyberg westlich von Stockholm plante das Architekturbüro Wingårdhs 2013 zwei achtgeschossige Wohnriegel für das Wohnungsbauunternehmen Folkhem. Weil das Gewicht der Häuser nur rund ein Drittel ­e ines gleich großen Betonbaus beträgt, sind sie mit langen Zugstäben im Fundament verankert. In 2013 the architects from Wingårdhs design­e d two eightstorey housing blocks for the housing construction company Folkhem in Sundbyberg, west of Stockholm. As their weight is only about a third that of a similarly sized concrete building, long tension rods were used to ­a nchor the timber buildings in the foundations. slabs are hung. In 2013 a decision by Växjö town council confirmed the direction taken: by 2020 25 % and by 2035 half of all new buildings erected by the state and communal housing companies are to be timber built. Today several housing construction companies are also boosting timber construction in cities. In 2013 and 2014 in Sundbyberg on the periphery of Stockholm the firm Folkhem, together with the architecture practice Wingårdhs, erected two eight-storey apartment buildings in solid timber construction with a distinctive wood shingle cladding. The walls and roofs of the tall, narrow residential blocks are of cross laminated timber, the ribbed ceiling slabs are made from cross laminated timber and glulam. Whereas previously Folkhem had used timber only for single-family houses, it now decided to concentrate exclusively on timber building, also for multistorey housing. By 2030 the company intends to build 18 housing projects in and around Stockholm with a total of 6000 apartments, each project to be designed by a different architecture office. These plans include rather unassuming six-storey inner city buildings as well as the new build complex Loudden by Tham Videgård, which will consist of four 20-storey timber high-rise buildings offering a total of 220 apartments. Construction will start in 2025 at the earliest. In contrast two eight-storey buildings designed by Petra Gipp Arkitektur are already under construction in a new build district on the urban periphery. The client came up with an unusual PR campaign to market these buildings: these apartment blocks were the first buildings worldwide to receive an environmental product declaration. Usually this document is issued for individual products and provides detail of the ecological balance of the materials contained in the product and of the production processes. Regulations and Laws The experience In Hackney illustrates the difficulty of formulating legally watertight regulations that favour timber building and then pushing these through politically. In 2010 the French government had a similar experience with a decree imposing the use of 0.2 m³ of timber-based materials per square metre floor area in all new public buildings. In 2013 in response to legal action by the cement and concrete industry the French constitutional court declared the regulation anti-competitive and in 2015 the decree was annulled. The municipal government of Helsinki met with greater success at local level. It is planned that the city will grow by more than a third by 2050. To facilitate this, following completion of a new industrial port in the east of the city in 2007, large areas of the old port around the inner city were cleared. For three of the new build areas Helsinki inserted clauses in the development plan explicitly requiring the use of timber construction. Here, too, the Finnish concrete industry lodged a complaint in 2015 but the highest administrative court declared the regulation legal. On the site of a former barracks in the north-east of the city Munich is currently developing a model resi- 1/2.2018 Ole Jais 32 Essay jedes von einem anderen Architekturbüro geplant wurde. Darunter sind eher unscheinbare innerstädti­ sche Sechsgeschosser, aber auch der Neubau­ komplex Loudden von Tham Videgård, der vier 20-geschossige Holzhochhäuser und insgesamt 220 Wohnungen umfassen soll. Baubeginn dürfte frühes­ tens 2025 sein. Bereits im Bau sind hingegen zwei Achtgeschosser nach Plänen von Petra Gipp Arkitek­ tur in einem Neubaugebiet am Stadtrand. Für ihre Vermarktung ließ sich der Bauherr eine ungewöhnli­ che PR-Aktion einfallen: Als erste Gebäude weltweit erhielten die Wohnhäuser eine Umweltproduktdekla­ ration. Dieses Dokument wird üblicherweise nur für einzelne Bauprodukte ausgestellt und macht detail­ lierte Angaben zur Ökobilanz der darin enthaltenen Materialien und der Herstellungsprozesse. Vorschriften und Gesetze Die Erfahrungen aus Hackney zeigen, wie schwer es ist, juristisch wasserdichte Regelungen pro Holzbau zu formulieren und diese dann auch politisch durch­ zusetzen. Ähnliche Erfahrungen musste auch die französische Regierung machen, die 2010 in einem Dekret für alle öffentlichen Neubauten die Verwen­ dung von 0,2 m3 Holzwerkstoffen pro Quadrat­ meter Geschossfläche vorschrieb. 2013 urteilte das ­fran­zösische Verfassungsgericht auf eine Klage der Im schwedischen Växjö sind in den letzten zehn Jahren mehrere größere Wohnanlagen in Holzbauweise entstanden. Den Auftakt machte Limnologen (Arkitektbolaget, 2009) mit vier bis zu acht­geschossigen, ­L-förmigen Geschosswohnungsbauten. ∂ In Växjö in Sweden ­s everal large timberbuilt housing complexes have been erected during the last ten years. A start was made in Limnologen (Arkitektbolaget, 2009) with four to eight-­s torey L-shaped blocks. dential development with 500 dwelling units. Multistorey buildings provide three-quarters of the total amount of housing space, with courtyard and row houses making up the remainder. Alongside energyefficient construction timber building is also to be encouraged here. The project is interesting above all on account of the pragmatic assessment standard. In all new buildings a certain amount of renewable raw materials is to be used per square metre living space. For single-family houses the minimum requirement is 150 kg/m2, in the multi-storey housing only 50 kg/m2. While this means that the smaller houses on the site have to be built in timber frame or solid timber construction, in principle the figure for the apartment buildings could be achieved by a concrete building in which only the facades are made from timber elements. It seems, however, that the amount of wood used in building is considerably more than the required minimum. In the framework of a concept award system most of the sites were allocated to clients whose applications were successful partly due to their intensive use of timber. Hidden revolution The examples cited above show that the renaissance of urban timber building depends on numerous factors. New technical developments and a growing ecological awareness among the population are important motors. In addition the legal framework, above all in the area of fire protection, is most important. However, the decisive measures to be taken are at local level – with the clients and municipal administrations who must make timber building one of their concerns. The keepers of the Holy Grail of architecture need not feel uneasy due to these new tendencies: in contrast to many other ecologically motivated innovations in building technology timber building does not threaten to radically alter the appearance of our cities and buildings. A tendency to use this ­construction material as a visible facade cladding is discernible only in Scandinavia. Holzbau in der Stadt Timber Construction in the City Grafik adaptiert nach / Graphics adapted from: proHolz Austria: Zuschnitt 59 „In Zukunft Stadt“ Eine Revolution im Verborgenen Die diskutierten Beispiele zeigen, dass die Renais­ sance des urbanen Holzbaus von zahlreichen Rand­ bedingungen abhängt. Technische Neuentwicklun­ gen und ein gestiegenes ökologisches Bewusstsein in der Bevölkerung sind wesentliche Triebkräfte. Wichtig sind außerdem die gesetzlichen Rahmen­ bedingungen, allen voran beim Brandschutz. Die ­entscheidenden Stellschrauben liegen jedoch auf lokaler Ebene – bei den Bauherren und den Kommu­ nalverwaltungen, die den Holzbau zu ihrem Anliegen machen müssen. Die Gralshüter der Baukultur brauchen sich ob der neuen Tendenzen jedenfalls nicht zu beunruhi­ gen: Im Gegensatz zu manch anderen ökologisch motivierten Neuerungen in der Bautechnik droht der Holzbau nicht, das Erscheinungsbild unserer Städte und Gebäude von Grund auf zu verändern. Einzig in Skandinavien zeichnet sich derzeit die Tendenz ab, das Konstruktionsmaterial auch als Fassadenver­ kleidung sichtbar zu machen. Ländervergleich: So hoch darf man mit Holz bauen. Schweiz Switzerland ≤ 7m 7 – 13 m 13 – 22 m ≤ 11 m 11 – 30 m 30 – 100 m R 30 4) R 60 4) R 60 6) 28–50 m < 28 m 3–8 Geschosse 3–8 floors > 8 Geschosse > 8 floors R 30 R 60, K 260 R 90 A2 Großbritannien UK ≤ 5m 6 – 18 m 18 – 30 m > 30 m R 30 R 60 R 90 5) R 120 > 16 Geschosse > 16 floors Deutschland Germany 3) 30 m ≤ 30 m 30–100 m 3) 3) 2) ≤ 16 Geschosse ≤ 16 floors 1) ≤ 30 m 13–22 m (GK 5) 7–13 m (GK 4) ≤ 7m (GK 3) Permitted heights for timber building in ­d ifferent countries ≤ 2 Geschosse ≤ 2 floors Zement- und Betonindustrie hin, dass die Vorschrift wettbewerbswidrig sei. 2015 wurde das Dekret außer Kraft gesetzt. Mehr Erfolg hatte auf lokaler Ebene die Stadt­ regierung von Helsinki. Die Stadt soll bis 2050 um mehr als ein Drittel wachsen und hat dafür unter anderem große Hafenareale rund um die Innenstadt freigeräumt, nachdem 2007 weit im Osten von ­Helsinki ein neuer Industriehafen fertiggestellt wurde. In drei der Neubaugebiete schreibt Helsinki durch entsprechende Klauseln im Bebauungsplan explizit eine Holzbauweise vor. Auch hiergegen klagte 2015 die finnische Betonindustrie, das höchste Ver­ waltungsgericht des Landes befand die Vorschrift jedoch für rechtmäßig. Die Stadt München entwickelt derzeit auf einem ehemaligen Kasernengelände im Nordosten der Stadt eine ökologische Mustersiedlung mit 500 Wohn­ einheiten. Drei Viertel der Wohnfläche entfallen auf Geschosswohnungsbauten, der Rest auf Atrium- und Reihenhäuser. Neben einer energieeffizienten Bau­ weise soll hier auch der Holzbau gefördert werden. Interessant ist das Projekt vor allem aufgrund des pragmatischen Bewertungsmaßstabs. In allen Neu­ bauten muss eine bestimmte Menge an nachwach­ senden Rohstoffen pro Quadratmeter Wohn­fläche verbaut werden. Für die Einfamilienhäuser beträgt die Mindestanforderung 150 kg/m2, im Geschoss­ wohnungsbau dagegen nur 50 kg/m2. Während die kleinen Wohnhäuser auf dem Areal somit in Holz­ rahmen- oder Massivholzbauweise errichtet werden müssen, lässt sich der Wert für die Mehrfamilien­ häuser prinzipiell auch mit einem Betonbau erreichen, bei dem lediglich die Fassaden aus Holztafelelemen­ ten bestehen. Der tatsächlich erreichte Holzanteil in den Konstruktionen dürfte jedoch um einiges über den Mindestvorgaben liegen. Denn der größte Teil der Grundstücke ging im Rahmen einer Konzept­ vergabe an die späteren Bauherren. Dabei konnten diese unter anderem mit verstärktem Holzeinsatz punkten. 33 2) 2) Finnland Finland Frankreich France Schweden Sweden 1 – 2 m R 30 3 – 8 mR 60, K 210/K 2 30 > 8 m R 120 < 28 m R 60 28 – 50 m R 90 ≤ 4m 5 – 15 m 1 Kapselung erforderlich Encapsulation required 2 objektspezifisches Brandschutzkonzept erforderlich Building-specific fire protection concept required 3 Sprinklervollschutz erforderlich Full sprinkler protection required 4 bei Sprinkler ­voll­ schutz Reduktion um 30 Min. With full sprinkler ­p rotection, reduction by 30 minutes 5 bei Sprinklervollschutz Reduktion um 30 Min. (gilt nicht für Wohngebäude) With full sprinkler protection, reduction by 30 minutes (does not apply to residential buildings) 6 lineare Bauteile ­normal brennbar, flächige Bauteile schwer brennbar Linear building parts: normal flammability, parts with large ­s urface area: flame retardant R 60 R 90